Max Rothschild
Foto: Stadtarchiv München, DE-1992-RPJ-A-149 Reisepass von Max Rothschild
Geboren am 18. April 1886 in Nordstetten
Deportiert am 20. November 1941 aus München nach Kaunas
Ermordet am 25. November 1941 in Kaunas
Herkunft
Schwäbischer Merkur vom 17.4.1887
Max Rothschild wurde am 18. April 1886 in Nordstetten, das heute zur Stadt Horb am Neckar gehört, geboren. Seine Eltern waren der Pferdehändler Sigmund Rothschild und Lina, geborene Dampf. Den Pferdehandel betrieb er zusammen mit seinem Bruder Jacob. Das Paar hatte fünf Kinder. Die Geschwister von Max waren
August, geboren am 30. August 1883,
(Hedwig) Johanna, geboren am 19. November 1884,
Elsa, geboren am 22. März 1888 und
Friedrich, geboren am 2. Oktober 1889.
Der Geburtsort war bei allen Nordstetten.
Über seine Kindheit und Jugend, sowie über seine Ausbildung, wissen wir nur sehr wenig. Max Rothschild besuchte die Oberrealschule bis zur 7. Klasse.
Sein Vater verstarb am 1. Oktober 1916 in seinem Heimatort Nordstetten. Seine Mutter Lina überlebte ihren Mann um fast zwei Jahrzehnte und verstarb im April 1935.
München
Am 20. Juni 1909 meldete sich Max Rothschild in München an. Er war von Stuttgart zugezogen.
In München heiratete er am 7. Dezember 1911 Lillly (Cilly) Klau. Sie wurde am 20. Februar 1890 in Tauberbischofsheim geboren. Ihr Vater, Lehmann Klau, hatte zusammen mit seinem Bruder, Albert Klau, 1884 einen Wein- und Spirituosenhandel gegründet. Das Geschäft muss um 1895/96 nach München verlegt worden sein, da ab 1896 in den Münchner Adressbüchern die Kelterei Gebrüder Klau verzeichnet ist.
Von 1915 bis 1918 nahm Max Rothschild am Ersten Weltkrieg teil.
Reklamemarke (Bild: Privat)
Quelle: BWA S9 1192
Quelle: BWA K1 XV A10c, 135. Akt Fall 49
Wann genau Max Rothschild in die Firma seines Schwiegervaters einstieg, konnten wir nicht feststellen. Am 30. Mai 1923 wurde die Firma, an der der Schwiegervater Lehmann Klau Mitinhaber war, in die Vereinigte Keltereien AG, vormals Gebrüder Klau & M. Hauser Nachfolger, umgewandelt. Als einer der Aktionäre wurde auch Max Rothschild aufgeführt. Zusammen mit Karl Stahl wurde er als Geschäftsleitung genannt. Dieser hatte Luise Klau geheiratet, die Tochter von Albert Klau, dem verstorben Bruder und Mitinhaber der bisherigen Firma. Als Firmenzweck war eingetragen: “Kelterei von Weintrauben, Beeren und Früchten aller Art, Weingroßhandel, Branntwein- und Weinbrennerei, die Fabrikation von Spirituosen (wie z.B. der Magenlikör Drachenblut) und Essenzen aller Art und der Großhandel mit Spirituosen einschl. Ein- und Ausfuhr aller dieser Gegenstände, insbesondere die Fortführung der unter den früheren Einzelfirmen „Gebrüder Klau“ und „M. Hausner Nachf.“ in München betriebenen Handelsgeschäfte.” Im Aufsichtsrat waren vertreten der noch lebende Mitgründer, sein Schwiegervater Lehmann Klau und ein weiterer Schwiegersohn von ihm, der Bankdirektor Sigmund Reinemund.
Ab 1919 wohnten die Familie Rothschild in der Elisabethstraße. Zunächst hatten sie in der Hausnummer 28 eine Wohnung bezogen, ab dem 3. November 1931 wechselten sie dann ins Haus Nummer 29, bevor sie am 27. September 1934 in die Elisabethstraße 30 umzogen. In diesem Haus lebten noch andere jüdische Mitbürger Münchens, deren Lebensgeschichte wir erforscht haben, wie Siegfried Gerstle, Isidor und Alice Neuburger, Emil Loeb oder Ignaz Velisch.
Bis wann Max Rothschild Mitglied der Geschäftsleitung war, ist unklar. In einer Meldung der Münchner Neuesten Nachrichten vom 7. November 1931 wurde er noch als solches bezeichnet. Aus Unterlagen der Industrie- und Handelskammer geht hervor, dass es innerhalb der Vereinigten Kelterei AG eine eigenständige Abteilung „Seifenhandel“ gab. Im Juli 1934 schied Max Rothschild aus der Firma aus und nahm den „Seifenhandel“ mit. Es wurde eine Firma unter dem Namen „Mathias Stöttner ROSTA Seifen, Oele und Waschmittel en gros“, mit den Inhabern Max Rothschild & Mathias Stöttner, als Gewerbe eingetragen. Die Zusammenarbeit ging bald in die Brüche. Die Wege von Stöttner und Rothschild trennten sich voraussichtlich im Sommer 1935. Erhalten geblieben sind die Zeugnisse der Auseinandersetzung. Man warf Max Rothschild vor, dass die Firmierung eine Tarnung gewesen sei und er nur den jüdischen Namen verbergen wollte. Max Rothschild betrieb dann alleine in der Elisabethstraße 30/II einen Großhandel mit Tafelöl, Seifen, Wasch- und Putzmitteln, den er am 4. Mai 1938 für den 27. April 1938 abmeldete.
Ende 1937 wurde der Betrieb der Vereinigten Keltereien AG, vormals Gebr. Klau & Hausner Nachfolger, von Karl Stahl übernommen.
Deportation und Tod
Max Rothschilds vier Geschwister emigrierten 1937 / 38 nach Südafrika bzw. in die USA. Max und Lilly Rothschild hatten sich ebenfalls bemüht, zu emigrieren. Sichtvermerke in ihren Pässen bezeugen dies. Leider wissen wir nicht, woran ihre Auswanderungsbemühungen gescheitert sind.
Gleich mit der ersten Deportation von Juden aus Bayern wurde das Ehepaar Max und Lilly Rothschild am 20. November 1941 von München nach Kowno / Kaunas verschleppt. Die städtischen Beamten vermerkten auf dem Doppel der Kennkarte »nach Riga „evakuiert“«. Ursprünglich war das Ghetto Riga als Ziel vorgesehen. Da dieses jedoch überfüllt war, wurde der Transport nach Kaunas umgeleitet. Was für ein Euphemismus! Evakuierung meint, dass jemand aus einem Gefahrengebiet herausgebracht wird. Der Transport nach Riga war ein Transport in den Tod! Ihre Namen sind auf der Transportliste unter den Nummern 794 und 795 vermerkt. Dieser Transport umfasste 998 Menschen. Gleich nach der Ankunft, am 25. November 1941, wurden die Deportierten zusammen mit Juden aus Berlin und Frankfurt, insgesamt 2.934 Menschen, vom Einsatzkommando 3 der Einsatzgruppe A des Befehlshabers der Sicherheitspolizei und des SD im Fort IX außerhalb von Kowno erschossen.
Schicksal weiterer Angehöriger
Sein Bruder August Rothschild lebte wohl zuletzt in Stuttgart. Am 5. Mai 1937 konnte er von Hamburg aus mit der SS Manhatten nach New York emigrieren. Er verstarb 1957 in den USA. Sein Grab befindet sich an der Seite seiner Schwester Elsa.
Seine Schwester Johanna, heirate Leopold Hirsch. Zuletzt dürfte das Paar in Tübingen gelebt haben, bevor es nach Südafrika auswandern konnte. Das Paar hatte zwei Kinder, die beide die Shoa überlebt haben. Johanna verstarb 1942 in Johannesburg.
Schwester Elsa heiratete am 20. Januar 1913 Joseph Justin Sicherer. Das Paar hatte zwei Kinder, Kurt und Paul. Ihr Mann verstarb bereits 1928. Die Familie hatte zuletzt in Aschaffenburg gelebt. Elsa Sicherer konnte 1939 mit den beiden Kindern in die USA auswandern. Sie verstarb dort 1975. Ihre Grabstätte liegt an der Seite ihres Bruders August.
Sein Bruder Friedrich Rothschild heiratete am 11. September 1921 in Wuppertal-Elberfelde Maria Rosenthal, die sich in den USA dann Mary nannte. Das Paar hatte einen Sohn, Otto, der 1923 in Stuttgart geboren wurde. Das Paar lebte in Stuttgart und konnte 1938 in die USA auswandern. Friedrich Rothschild verstarb dort 1946.
Karl Stahl, sein langjähriger Geschäftspartner war mit Luise Klau, einer Tochter eines der Firmengründer, Albert Klau, verheiratet. Die beiden wurden in Auschwitz ermordet. Ende 1937 wurde der Betrieb der Vereinigten Keltereien AG vormals Gebr. Klau & Hausner Nachfolger von Karl Stahl übernommen. Mitte Dezember 1938 musste er rückwirkend zum 1. Oktober 1938 das Gewerbe abmelden.
Text und Recherche
Stefan Dickas
Quellen
Stadtarchiv München, Einwohnermeldekartei.
Stadtarchiv München, DE-1992-GEW-ARI-145.
Stadtarchiv München, DE-1992-RPJ-A-148, DE-1992-RPJ-A-149 (Reisepässe Lilly und Max Rothschild).
Bayerisches Wirtschaftsarchiv München, BWA, K1 / X 84b, 2. Akt; K1/ XV A 10 c, 153. Akt, Fall 49; K1 / XV A 10 c, 266. Akt, Fall 29; K1 / IX B 44a, 34. Akt, Fall 14; K1 / XV A 10 c, 212. Akt, Fall 39.
Stadtarchiv der Großen Kreisstadt Horb am Neckar, Geburtsurkunde Max Rothschild.
Onlinequellen
https://www.landesarchiv-bw.de, Hauptstaatsarchiv Stuttgart, J 386 Bü 437 Nordstetten, Horb am Neckar, Familienbuch 1827-1901, Eintrag zu Sigmund Rothschild, zuletzt aufgerufen am 17.3.2025.
https://gedenkbuch.muenchen.de Einträge zu Lilly Rothschild und Max Rothschild sowie zu Karl und Luise Stahl, zuletzt aufgerufen am 17.3.2025.
https://juedisches-unterfranken.de hier Einträge zu Max Rothschild (LdNr 3932) und zu Sigmund Rothschild (LdNr 3928) sowie die zu diesen Personen hinterlegten Dokumente, zuletzt aufgerufen am 17.3.2025.
https://stadtarchiv.muenchen.de/scopeQuery/detail.aspx?ID=864323 Kennkartendoppel Max und Lilly Rothschild, zuletzt aufgerufen am 17.3.2025.
https://www.statistik-des-holocaust.de Deportationsliste München-Augsburg-Kowno 20.11.1941, Listennummer 794 und 795, zuletzt aufgerufen am 17.3.2025.
https://gedenkbuch.muenchen.de/index.php?id=kaunas , zuletzt aufgerufen am 13.08.2025.
https://arolsen-archives.org , Dokumente 11196396 (Beschlagnahmung von Eigentum), 11194970 (Deportationen aus dem Stapobereich München nach Riga).
https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/newspaper Stuttgarter Neues Tageblatt vom 3.10.1916, 16.4.1935.
https://digipress.digitale-sammlungen.de Münchner Neueste Nachrichten vom 2.6.1923.
https://digi.bib.uni-mannheim.de/hoppenstedt/uebersicht Handbuch der Deutschen Aktiengesellschaften, 1925, Band 1, Seite 2232/33.
https://www.ancestry.de/imageviewer/collections/2280/images/47294_302022005557_0606-00206?pId=12186016 Elsa Sicherer Einbürgerungsantrag USA.
https://www.ancestry.de/imageviewer/collections/2280/images/47294_302022005557_0568-00234?pId=6694491 Friedrich Rothschild Einbürgerung.
https://www.ancestry.de/search/collections/7488/records/23318741?tid=&pid=&queryId=d5f3b1d2-c845-4096-8767-9994fad6e3b5&_phsrc=UUQ13&_phstart=successSource Passagierliste August Rothschild.
Literatur
Selig, Wolfram: „Arisierung“ in München – Die Vernichtung jüdischer Existenzen 1937 – 1939, Metropol Verlag 2004.