Emanuel Oppenheimer
Emanuel Oppenheimer, Foto: Stadtarchiv München, Kennkartendoppel 1938/39
Geboren am 11.Oktober 1876 in Großheubach, Kreis Miltenberg
Deportiert am 22. Juli 1942 nach Theresienstadt
Ermordet am 20. Mai 1943 im Ghetto Theresienstadt
Herkunft und familiärer Hintergrund
Emanuel Oppenheimer wurde am 11. Oktober 1876 als erstes von drei Kindern der Eheleute Salomon und Babette, geborene Marx, im Haus Nr. 185 in Großheubach geboren. Salomon Oppenheimer war Kaufmann.
Groß- und Kleinheubach liegen an der Gabelung zweier historisch wichtiger Fernhandelsrouten, nämlich Frankfurt – Nürnberg – Prag und Frankfurt – Augsburg – Italien.
Die in Kleinheubach ansässigen Juden übten unterschiedliche Berufe aus: sie waren Händler für Tuche, Kleidung, Schuhe, Rauch- und Eisenwaren, Pferde- und Vieh. Es gab unter ihnen auch Bauern und Handwerker, sowie Metzger, Gerber und Weber.
Seit nachweislich 1677 bis 1942 gab es in Kleinheubach eine jüdische Kultusgemeinde. Sie besaß eine Synagoge, ein Schulhaus, ein Ritualbad (Mikwe) und einen Friedhof.
Die jüdischen Einwohner lebten inmitten der Dorfgemeinschaft und stellten in ihrer Blütezeit 10 Prozent der Bürgerschaft.
Eheschließung und Familiengründung
Lina Oppenheimer, Foto: Stadtarchiv München, Kennkartendoppel 1938/39
Emanuel Oppenheimer und Lina Sichel heirateten am 1. Mai 1901 in Großheubach. Lina Sichel, geboren am 26. Oktober 1877, entstammte ebenfalls einer alteingesessenen Familie in Kleinheubach.
1902 und 1903 wurden die Söhne Heinrich und Siegfried geboren.
Im Ersten Weltkrieg leistete Emanuel Oppenheimer von 1915 bis 1918 Kriegsdienst in Würzburg.
Ab 1929 lebte die Familie in Aschaffenburg. Zwei Jahre später, am 21. März 1931, zog sie nach München und wohnte in der Auenstraße 7, im 3. Stock.
Emanuel Oppenheimer betrieb fortan eine Ledergroßhandlung am Altheimer Eck 12.
Verlust der Wohnung, Geschäftsaufgabe, Internierung und Deportation
Emanuel Oppenheimer galt laut der Nürnberger Gesetze als Volljude und erlebte mit seiner Frau die ständig zunehmenden antisemitischen Maßnahmen und Schikanen der Nationalsozialisten, so die Zwangsumsiedlung in die Oberauerstraße 1 in München-Sendling am 23. März 1938, im Jahr des Novemberpogroms.
Die aus ihren Wohnungen vertriebenen Juden wurden in sogenannte Judenhäuser gepfercht. Diese erfüllten die Funktion von Kleinstghettos, die einerseits über das Stadtgebiet verstreut waren, andererseits aber durch Segregation und ihre Konzentration auf engstem Raum eine noch leichtere Verfügung über die Menschen ermöglichte. Die Verweildauer in diesen Judenhäusern war meist nur kurz, denn von dort wurden sie sehr bald in Lager transportiert, aus denen die Deportation erfolgte.
So wurde das Paar am 19. Dezember 1940 erneut zwangsumgesiedelt, diesmal in die Pension Patria in der Goethestraße 54.
Emanuel Oppenheimer war inzwischen schon nicht mehr als Kaufmann tätig. Jüdinnen und Juden wurden systematisch aus dem Wirtschaftsleben verdrängt und deren Geschäfte boykottiert. Sie wurden enteignet und ihr Vermögen beschlagnahmt. Durch Verordnungen wie die ‚Verordnung über die Ausschaltung der Juden aus dem Wirtschaftsleben vom 12. November‘ sowie der ‚Verordnung über den Einsatz jüdischen Vermögens vom 3.12.1938‘ wurde durch Zwangsübereignung und Zwangsliquidierung die wirtschaftliche Betätigung der jüdischen Bevölkerung vollständig beendet.
Emanuel Oppenheimer war nach der erzwungenen Geschäftsaufgabe bei der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland angestellt.
Die Reichsvereinigung wurde 1939 durch den NS-Staat eingerichtet. Alle Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen als Juden galten, wurden zwangsweise Mitglied. Damit diente sie den Machthabenden zur Kontrolle der in Deutschland verbliebenen Jüdinnen und Juden und als Instrument, um große Teile der Vermögen der Emigranten beschlagnahmen zu können. Ab 1941 nutzte die Gestapo die Mitgliederkarteien der Reichsvereinigung für die Deportationen in Konzentrations- und Vernichtungslager.
Schon ein Jahr später, am 5. Dezember 1941, wurde das Ehepaar Oppenheimer in das Internierungslager in der Clemens-August-Straße 9, die sogenannte Heimanlage für Juden in Berg am Laim, zwangseingewiesen. In deren Zwangsräumen waren bis zu 300 Menschen untergebracht.
Von dort wurden beide in das Ghetto Theresienstadt verschleppt, und zwar am 22. Juli 1942 mit Transport II/18, unter der Nr. 866 und Nr. 867. Von den an diesem Tag verschleppten 50 Jüdinnen und Juden dieses Transports haben 14 überlebt.
Emanuel Oppenheimer starb im Alter von 66 Jahren, am 20. Mai 1943, im Ghetto, vermutlich an den Folgen der katastrophalen und menschenunwürdigen Lebensbedingungen und den erlittenen Demütigungen.
Die Ehefrau Lina und die Söhne
Lina Oppenheimer überlebte das Ghetto und den Holocaust. Am 10. Mai 1946 fuhr sie mit der S.S. Marine Flasher nach New York. Das Schiff war das erste von vielen Schiffen, das 1946 – 1948 mit Überlebenden des Holocaust von Bremerhaven in die USA fuhr. Am 31. Oktober 1947 stellte sie in Los Angeles ihren Einbürgerungsantrag.
Lina Oppenheimer starb am 8. März 1960, im Alter von 83 Jahren. Sie ist im Mount Sinai Memorial Park in Hollywood Hills, Los Angeles, begraben.
Die Söhne Heinrich und Siegfried Oppenheimer waren schon 1937/38 in die USA emigriert und überlebten die Shoa. Friedrich lebte zur Zeit der Einwanderung der Mutter in Beverly Hills und Heinrich in Brooklyn, N.Y.
Text und Recherche
Helmut Baumgartner
Quellen
Stadtarchiv München, Kennkartendoppel DE-1992 Emanuel Oppenheimer
https://stadtarchiv.muenchen.de/scopeQuery/detail.aspx?ID=863968
Biographische Datenbank Jüdisches Unterfranken, Oppenheimer Emanuel IdNr 36707
https://juf.stadtarchiv-digital.de/render/85?IdNr=36707&friedhofsquelle=
Arolsen Archive: Gestapo Verzeichnis zu Jüdinnen und Juden aus der Stadt; Blatt 15-64
Jüdisches Leben in Kleinheubach, Markt Kleinheubach: Die Geschichte der jüdischen Gemeinde zu Kleinheubach von Wagner/Holl
Jüdisches Leben in Kleinheubach, Internet Seite des Markts Kleinheubach
https://www.holocaust.cz/de/opferdatenbank/opfer/26917-emanuel-oppenheimer/
Edith Raim: Judenhäuser (publiziert am 16.1.2025) in: nsdoku.lexikon, hrsg. Vom NS-Dokumentationszentrum München Unter: https://www.nsdoku.de/lexikon/artikel/judenhaeuser-398
Stadtarchiv München, Kennkartendoppel DE-1992 Lina Oppenheimer
https://stadtarchiv.muenchen.de/scopeQuery/detail.aspx?ID=863976
Biographische Datenbank Jüdisches Unterfranken, Oppenheimer Lina IdNr 46885
Grab Lina Oppenheimer
https://gravez.me/en/deceased/DE7ACD5B-03DF-41BD-819C-8161AA2322CF/YIJcIIauJbpvLOdcHSKf
Transport nach Theresienstadt
Sonstige Quellen
Text über Emanuel Oppenheimer aus der Eröffnungsausstellung des Interimsquartiers der Villa Stuck im Mai 2024 in der Goethestraße 54.