(K)Eine Straße für Kurt Lichtwitz

 

Im Februar 2021 titelte die SZ »bodenlose Unverschämtheit« zu einer Straßenumbenennung. Der Arzt der „Kur- und Wasserheilanstalt Bad Thalkirchen“ Kurt Lichtwitz soll mit einer Straßenbenennung geehrt werden. Allerdings sind der Antragsteller und andere Bürger in Thalkirchen mit dem Ergebnis sehr unzufrieden bis entsetzt. Streitpunkt ist das Straßenstück, das dem Geehrten nicht würdig ist.

Wir wollten uns selbst ein Bild von der Situation machen und fuhren nach Thalkirchen. Von der Tierparkstraße bogen wir links in die Straße Am Isarkanal, die parallel zum Kanal verläuft – die Straße macht schließlich einen Knick im 90-Grad-Winkel und führt hinauf zur Schäftlarnstraße. Dieser Straßenteil besteht aus Parkplätzen sowie Glas- und Müllcontainern. Reger Durchgangsverkehr herrscht hier an diesem Samstagnachmittag. Hier, wo die Stadt nun dieses Stück nach Kurt Lichtwitz benennen will.

Die geplante Kurt-Lichtwitz-Straße

Die geplante Kurt-Lichtwitz-Straße

Wer war Kurt Lichtwitz?

Kurt Lichtwitz (5.8.1881 bis 27.5.1933), in Schlesien geboren, war wie sein berühmterer Bruder Leopold Lichtwitz Arzt. Seit 1843 existierte in Thalkirchen ein Heilbad, das der Arzt Dr. Uibeleisen in Zeitungsanzeigen bewarb:

Anzeige: Allgemeine Zeitung, 23.06.1905

Anzeige: Allgemeine Zeitung, 23.06.1905

 
 

Anfang der 1920er Jahre übernahm Kurt Lichtwitz diese Anstalt und baute sie zu einem Sanatorium aus, eine weitere Niederlassung wurde im Juli 1928 am Starnberger See eingeweiht.

Im Juli 1928 berichtete die Cotta’sche Allgemeine Zeitung: Die Kuranstalt verfügt über circa 100 Betten und „… stellt sich die Aufgabe, Kranken und Erholungsbedürftigen einen durch landschaftliche Lage und Klima, sowie durch die Einrichtungen des Hauses in seltener Weise begünstigten Aufenthaltsort zu bieten, an dem sie mit fachärztlicher Hilfe und unter ständiger ärztlicher Aufsicht alles das finden, was für ihre Gesundung resp. Besserung und Kräftigung geboten erscheint.“ Eine neue neurologische Abteilung wurde unter der Leitung Nervenarztes Wladimir Eliasberg geschaffen. Auch andere bekannte Ärzte hatten Belegbetten in der Lichtwitzklinik, so der Orthopäde Max Klar.

1933 mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten, musste der beliebte Arzt Kurt Lichtwitz erleben, wie die SA vor seiner Klinik aufzog und sie als „jüdisch“ brandmarkte. Kurt Lichtwitz starb jung, mit 51 Jahren an angina pectoris. Das Herz wird schlecht durchblutet – was auch eine Folge von Stress und Bedrängnis sein kann. Die Klinik wurde 1935 an die Doktoren Müller und Rinecker verkauft – heute gehören die Kliniken zur Artamedgruppe.

Ein ehrwürdiger Straßenraum?

Beantragt hatte die Straßenumbenennung der Arzt Dr. Silber, allerdings für den vorderen Teil der Straße, wo er selbst seine Praxis hat. Also dort, wo sich die „Lichtwitzklinik“ befand. Ja, es hätten einige Häuser, auch Wohnhäuser eine neue Anschrift bekommen. Das findet die Stadtverwaltung unzumutbar und wählte lieber das Schmuddelstück von Straße aus. Es ist heuchlerisch – schließlich mutete man vor Jahren den in der Meiserstraße ansässigen Institutionen und Bewohnern die Umbenennung in Katharina-von-Bora-Straße zu. Damals mit dem Argument, mit einem Straßennamen werde ein Mensch geehrt. Hans Meiser habe die Ehrung aufgrund seiner antisemitischen Äußerungen in den 1920er Jahren verloren. Kurt Lichtwitz hat jetzt zwar die Ehre einer nach ihm benannten Straße, aber das in dem wirklich hässlichsten Stück, das die »ehrenwerte« Stadtverwaltung gefunden hat.

Eva Strauß / Ingrid Reuther

 
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