Flora Fromm, geb. Schönberg

A-G
 

Kennkartendoppel von Flora Fromm, geb. Schönberg (Bild: Stadtarchiv München, DE-1992-KKD-0979)

 

Geboren am 21. Juli 1859 in Diespeck

Deportiert am 5. Juni 1942 nach Theresienstadt

Ermordet am 25. Juni 1942 im KZ Theresienstadt

 

Herkunft

Flora Fromm wurde am 21. Juli 1859 in Diespeck, Kreis Neustadt an der Aisch, geboren. Floras Eltern, Abraham Schönberg und Ernestine, geb. Stein, waren ein Kaufmannsehepaar in Diespeck in Franken. Vermutlich war ihr Vater später Hopfenhändler in Nürnberg, was aber bisher nicht verifiziert werden konnte. Welche Schulen sie besuchte und wie sie bis zu ihrer Hochzeit im Alter von 21 Jahren mit dem Kommerzienrat Gustav Fromm (1849 - 1916) am 9. August 1880 in Nürnberg gelebt hat, ist nicht bekannt. 

Sie wurde innerhalb von neun Jahren, zwischen 1881 und 1890, Mutter von fünf Kindern:

E l s e, geboren am 7. August 1881

L e o, geboren am 16. Juli 1883

M a r t h a, geboren am 10. August 1884

H e i n r i c h, geboren am 30. März 1886 

S e l m a, geboren am 08. August 1890.

Alle fünf Kinder kamen in Augsburg zur Welt, dem Sitz der Kaufmannsfamilie Fromm, die einen großen, international vernetzten Hopfenhandel betrieb. 


Erfolgreiche Unternehmer im Hopfenhandel

Flora Fromms Ehemann, Gustav Fromm, geboren am 14. November 1849 in Fischach bei Augsburg, war Hopfenhändler. Die Familienfirma „Joachim Fromm OHG“, in Augsburg seit 1872 schriftlich belegt, wurde vermutlich bereits 1845 von seinem Vater Joachim Fromm gegründet. Seine beiden älteren Brüder, David und Jacob, bauten in München ab 1887 einen Filialbetrieb auf. 1889 verlegten sie den Hauptsitz nach München. Gustav leitete weiterhin die Zweigniederlassung Augsburg. Die Brüder waren äußerst erfolgreich. Ab 1901 bildete Gustav Fromm zusammen mit seinem Neffen Adolf Fromm den Vorstand des Münchner Unternehmens „Joachim Fromm, Hopfen-Handlung“.

Flora Fromm (Bild: Familienbesitz)

Gustav Fromm (Bild: Familienbesitz)

Der Firmensitz befand sich in der Sonnenstraße 3 (heute 5) und war Teil des Firmenvermögens.

Zum 1. Januar 1911 verlieh der bayerische Prinzregent Luitpold Gustav Fromm den Ehrentitel Kommerzienrat. Sein Sohn Heinrich wird 1913 mit 27 Jahren Teilhaber des Familienbetriebes.

Die Familie hatte es mit Hopfen zu einem ordentlichen Wohlstand gebracht. Das zeigt auch der Eintrag ins Jahrbuch der Millionäre in Bayern. In der Ausgabe 1914 wurde er dort als „einfacher“ Millionär aufgeführt. Vermutlich krankheitsbedingt schied Gustav Fromm im Juni 1916 aus der Firma aus.

Münchner Neueste Nachrichten vom 28.10.1916

Gustav Fromm starb am 27. September 1916, im Alter von 67 Jahren. Sein Grab befindet sich auf dem Jüdischen Friedhof, Haunstetter Straße in Augsburg. Zwei Monate zuvor war der älteste Sohn Leo (*16.07.1883) an der Kriegsfront in Frankreich vor Verdun gefallen, kurz nach seinem 33. Geburtstag.  


Kunstmäzen

In vielfältiger Weise waren die Fromms den schönen Künsten verbunden. Dr. Leo Fromm, promovierter Jurist in einer gemeinsamen Anwaltskanzlei mit seinem Studienfreund Adolf Kaufmann, war Mitgründer der Münchner Kammerspiele in der Augustenstraße 89. 1913 gründeten sie die MÜNCHNER THEATER G.m.b.H.

Er war dort Aufsichtsratsvorsitzender und Gesellschafter. Die Gesellschafterliste ist fast so etwas wie ein Familienverzeichnis. 

Gesellschafter am Theater waren z.B. sein jüngerer Bruder Heinrich, sein Cousin Adolf und seine Mutter Flora Fromm.

Hugo Marx, der Mann der erstgeborenen Tochter Else, sowie dessen Neffe Heinrich Marx waren Bankiers. Beide waren ebenfalls Gesellschafter der Münchner Theater GmbH und halfen immer wieder bei finanziellen Schwierigkeiten aus der Klemme, denn an Kapital waren die Münchner Kammerspiele immer knapp. 

Dr. Leo Fromm fiel 1916 im 1. Weltkrieg. Am 1. August 1917 fand in den Kammerspielen „zugunsten von Hinterbliebenen von Kriegsteilnehmern des königlichen ersten Feldartillerie-Regiments anlässlich des ersten Todesgedächtnistages des vor einem Jahr im Westen gefallenen Aufsichtsratsvorsitzenden der Münchner Kammerspiele Herrn Dr. Leo Fromm eine Aufführung statt von „KLEIN EYOLF“ ein Schauspiel von Henrik Ibsen in drei Akten. Unter gütiger Mitwirkung von Mirjam Horwitz und Erich Ziegel“. (Text des Theaterplakats)

Auch nach dem Tod von Dr. Leo Fromm hielt die Familie an ihrem Engagement für das Theater fest. Sie schufen als Gesellschafter eine finanzielle Basis der Münchner Kammerspiele. Von den Anfängen bis zur Machtergreifung

Aufstellung der Gesellschafter, Stand 31.12.1930 (Bild: Stadtarchiv München, Signatur DE-1992-KULA-0225)

der Nationalsozialisten waren sie wichtige Förderer dieses Privattheaters.

In einem Beitrag für das „'“Neue Wiener Journal„'“ am 11.02.1930 beschrieb Adolf Kaufmann das Besondere dieses kühnen Theaterwagnisses M ü n c h n e r  K a m m e r s p i e l e so:

Unser Theater ist eine gemeinnützige Bühne, nicht zum Verdienen geschaffen, in Anerkennung seiner Leistungen mit einer städtischen Subvention bedacht.

Unser Publikum rekrutiert sich aus den intellektuellen Schichten, die sich für moderne Theaterkunst interessieren“.

Auch nach dem Tod von Dr. Leo Fromm hielt die Familie an ihrem Engagement für das Theater fest. Sie schufen als Gesellschafter eine finanzielle Basis der Münchner Kammerspiele.Von den Anfängen bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten waren sie wichtige Förderer dieses Privattheaters.

In einem Beitrag für das „'“Neue Wiener Journal„'“ am 11.02.1930 beschrieb Adolf Kaufmann das Besondere dieses kühnen Theaterwagnisses M ü n c h n e r  K a m m e r s p i e l e so:

Unser Theater ist eine gemeinnützige Bühne, nicht zum Verdienen geschaffen, in Anerkennung seiner Leistungen mit einer städtischen Subvention bedacht.

Unser Publikum rekrutiert sich aus den intellektuellen Schichten, die sich für moderne Theaterkunst interessieren“.    

Umzug nach München und die Zeit im Nationalsozialismus

Die 73jährige Familienälteste Flora Fromm zog 1932 aus Augsburg zu ihrer Tochter Else und deren Mann Hugo Marx nach München in die Franz-Joseph-Straße 41. Sie war bis Ende 1932 Gesellschafterin der Münchner Theater GmbH zusammen mit den anderen Mitgliedern dieser Familie. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten übernahmen regime-genehme Gesellschafter die Neue Münchner Theater GmbH. Im Januar 1939 wurden die Münchner Kammerspiele, unter der künstlerischen Leitung Otto Falckenbergs auf Anordnung Adolf Hitlers eine städtische Bühne. 

Die Wohnung in der Franz-Joseph-Straße musste im August 1938 aufgegeben werden. Die hochbetagte Flora Fromm wurde ins Israelitische Krankenheim in der Hermann-Schmid-Straße 5-7 gebracht. Else und Hugo Marx lebten übergangsweise noch in der Tengstraße, bevor beiden 1939 die Flucht in die USA gelang. 

Deportation nach Theresienstadt und Tod

Heinrich Himmler befahl im Mai 1942 die Räumung des Krankenheims in der Hermann-Schmid-Straße 5-7. Die im Krankenheim untergebrachten Patienten, Schwestern und Ärzte wurden in drei aufeinanderfolgenden Transporten nach Theresienstadt deportiert. Flora Fromms Name finden wir auf der Transportliste vom 5. Juni 1942.  

In den Morgenstunden dieses Tages wurden die Patienten zunächst in einem Umzugswagen von der Hermann-Schmid-Straße 5-7 zum etwa einen Kilometer entfernten Südbahnhof gebracht.

Dort erwartete sie ein Personenwagen zweiter Klasse, der zum Münchner Hauptbahnhof rangierte und dort an einen fahrplanmäßigen Personenzug angehängt wurde, der täglich gegen 12:00 Uhr losfuhr.

Der Wagen wurde mehrfach umrangiert und an andere Züge angekoppelt. Die Route führte über Moosach, Freising, Landshut, Regensburg, Schwandorf, Marktredwitz, Eger, Karlovy Vary (Karlsbad) und Usti nad Labem (Aussig) nach Bohusovice (Bauschowitz). Am 6. Juni 1942 traf der Zug in Theresienstadt ein. Flora Fromm war zu diesem Zeitpunkt knapp 83 Jahre alt.

Schon eine solche Reise war für alle Deportierten eine Qual.  

In Theresienstadt herrschten katastrophale Zustände. Das Lager war überbelegt, die sanitären Einrichtungen völlig unzureichend und die Insassen litten Hunger. 

Flora Fromm überlebte dieses Grauen nicht und verstarb am 25. Juni 1942. 


Erinnern

Ab dem 22. Oktober 2025 gibt es für Flora Fromm in der Franz-Joseph-Straße 41 ein Erinnerungszeichen.

An der Stelle, an der sich einst das Israelitische Schwestern- und Krankenheim befand, erinnert heute ein Mahnmal an die Deportationen der Bewohner, Ärzte und Schwestern.

Mahnmal für das Israelitische Schwestern- und Krankenheim, Hermann-Schmid-Straße 5 in München (Bild: privat)


 Schicksal naher Angehöriger

  • Tochter E l s e, die Älteste, heiratete am 23. Februar 1902 den Münchner Bankier Hugo Marx. Das Paar hatte drei Kinder. Else und ihr Mann konnten über Spanien in die USA emigrieren.

  • Sohn L e o studierte Jura und wurde Rechtsanwalt. Er heiratete Edith Degginger. Das Paar hatte eine Tochter. Er fiel 1916 im 1. Weltkrieg in Frankreich. Seine Witwe heiratete erneut und hieß danach Frank. Sie verzog nach Leipzig. Dennoch blieb sie Gesellschafterin der Kammerspiele. Nach 1933 emigrierte sie über Holland nach Australien. Ihre aus der Ehe mit Leo stammende Tochter, Gertrud Laufer, wurde in Auschwitz ermordet.

  • Tochter Ma r t h a verstarb am 26. Mai 1890 im Kindesalter.

  • Sohn H e i n r i c h heiratete am 11. Januar 1916 die Münchnerin Helene Degginger. Zusammen mit seinem Cousin Adolf Fromm führte er das Familienunternehmen sehr erfolgreich. Sie konnten nach London emigrieren, wo sie beide später starben. Das Paar hatte zwei Kinder.

  • Die jüngste Tochter S e l m a heiratete am 6. Juni 1911 Ludwig Friedmann. Das Paar hatte drei Kinder. Am Vorabend der drohenden Deportation begingen sie am 7. März 1943 Suizid. Mehr zu ihrem Schicksal kann man hier nachlesen

  • Adolf Fromm (ein Sohn von David Fromm) war ein Cousin von Heinrich Fromm. Sie beide leiteten sehr erfolgreich den gemeinsamen Hopfenhandel. Er war mit der Bambergerin Selma Goldschmidt verheiratet. Sie konnten noch kurz vor Kriegsbeginn nach Brasilien fliehen. Er starb dort aber bereits 1943 mit 61 Jahren. Das Paar hatte zwei Söhne.


Text und Recherche:

  • Janne & Klaus Weinzierl

Quellen:

  • Stadtarchiv München, Stadtadressbuch München 1926, 1935, 1938, 1943.

  • Stadtarchiv München, KULA – 0225, Gesellschafter der Münchner Theater G.m.b.H. (Stand 31. XII.1930).

  • Bayerisches Hauptstaatsarchiv, MHIG 1193-1196.

  • Bayerisches Wirtschaftsarchiv, BWA K1, XV 10c, 154. Akt, Fall 43.

Onlinequellen:

Literatur:

  • Schoßig, Bernhard (Hrsg.): Ins Licht gerückt – Jüdische Lebenswege im Münchner Westen, Herbert Utz Verlag München 2008, S.78ff.

  • Selig, Wolfgang: „Arisierung“ in München. Die Vernichtung jüdischer Existenz1937 – 1939, Metropol Verlag Berlin 2004, S.596ff.

  • Krauss, Marita (Hrsg.): Die bayerischen Kommerzienräte, Volk Verlag 2016.

  • Martin, Rudolf : Jahrbuch des Vermögens und Einkommens der Millionäre in Bayern, Verlag Rudolf Martin, Berlin, 1914.

     

Zurück
Zurück

Dr. Eugen Fromm

Weiter
Weiter

Jenny Fromm, geb. Hockenheimer