Eva Grünzeug

 

Geboren am 17. Dezember 1868 in Urspringen

Gestorben am 6. Dezember 1940 in München

 

Eva Klein kam am 17. Dezember 1868 in einer jüdischen Familie in Urspringen zur Welt. Sie war eines der sieben Kinder von Aron Löb Klein und Sophia Klein, geborene Birk. Woher ihr Vater stammte, ist unbekannt, doch die Familie ihrer Mutter lässt sich bis zu Beginn des 18. Jahrhunderts in der kleinen nordbayerischen Gemeinde Urspringen nachweisen. Über die Kindheit und Jugend Eva Kleins konnte nichts herausgefunden werden.

Warum Eva Klein einige Zeit in Jaroslau in Galizien lebte und seit dem 28. April 1892, mit Unterbrechungen in München, lässt sich nicht mehr feststellen. Vermutlich lernte sie in Jaroslau ihren später Mann Heinrich (Herschel) Grünzeug kennen. Heinrich wurde am 8. Oktober 1871 im damals zu Österreich gehörenden Jaroslau geboren (heute Jaroslaw, Polen). Seine Eltern waren Maier und Beila Grünzeug, geborene Segalla. Heinrich Grünzeug hatte einige Berufe ausgeübt: Als Partiewarenhändler verkaufte der gelernt Uhrmachermeister auch unmodern gewordene Waren, er war Kaufmann und sogar Teilhaber einer Fabrik.

Spätestens ab dem 22.Juni 1892 war Heinrich Grünzeug in München ansässig. Am10. Januar 1895 heiratete Heinrich Grünzeug die Viehhändlerstocher Eva Klein. Sie schenkte sechs Kindern das Leben. 1895 wurde Bella geboren, 1897 Irma und 1898 Ernestine. 1900 kam Gisela, 1903 Max und schließlich 1904 Albert zur Welt.

Heinrich Grünzeug verstarb, noch nicht einmal 47 Jahre alt, am 12. Juli 1918 in München.

Im April 1919 wurde Eva Grünzeug mit ihren Kindern in Bayern eingebürgert, damit erhielt sie auch die deutsche Staatsangehörigkeit.

Zu dieser Zeit lebte die Familie in der Hans-Sachs-Straße 11, 2.Stock. Bis 1940 war dieses Haus der Dreh- und Angelpunkt der Familie.

Im Juli 1940 mussten sie das Haus verlassen und in den 4. Stock der Rumfordstraße 47 umziehen.  

Eva Grünzeug verstarb am 6. Dezember 1940 an Herzklappenversagen. Ihr Grab befindet sich auf dem Alten Israelitischen Friedhof in München.


Schicksale ihrer Kinder 

Eva Grünzeugs Tochter Bella heiratete Jakob Körber. Am 4. April 1942 wurde sie mit ihrer Schwester Ernestine nach Piaski deportiert. Beide überlebten die Shoah nicht. Ihre Tochter Irma starb 1936 im jüdischen Krankenhaus in Köln. 

Tochter Gisela konvertierte als 20-jährige zu den Siebenten-Tags-Adventisten, einer christlichen Glaubensgemeinschaft. Dort lernte sie später auch ihren Ehemann Wilhelm Amelung kennen. Die beiden heirateten 1931. 1932 kam ihr Sohn Erich zur Welt, 1936 ihre Tochter Ilse. Gisela und ihre Familie überlebten den Holocaust. Im Jahr 2000 verstarb Gisela im Alter von 100 Jahren. Ihre drei Enkelkinder beschreiben sie als sehr gläubige, starke, warmherzige und besonders humorvolle Person. Über die traumatischen Erlebnisse, die sie und ihre Familie während der Zeit des Nationalsozialismus erleiden mussten, sprach sie nie.

Eva Grünzeugs Söhne Max und Albert emigrierten gemeinsam im Dezember 1939 nach Caracas, Venezuela. Beide lebten später in Florida. Albert starb im Dezember 1986 in Miami Beach, kurz nachdem seine Frau Rosa verstorben war. Max war lange Jahre als Reverend für die Freikirche der Siebenten Tags Adventisten tätig und verstarb am 2. August 1979 in Coral Gables, Florida.


Gedenken

Vor dem Haus in der Hans-Sachs-Straße 11 erinnern seit dem 30. April 2022 Stolpersteine an Eva Grünzeug sowie ihre Kinder Bella Körber, Ernestine, Max und Albert Grünzeug.

Bild: Privat

Eine Enkeltochter von Gisela Grünzeug hat für die Stolpersteinverlegung am 30. April.2022 ein Gedicht verfasst:

Über die Familie etwas sagen

Und der Kopf dazu ist leer.

Über unsere Oma könnt’ ich Stunden erzählen,

Aber beim Rest der Familie Grünzeug wird es schwer.

Vor 40 Jahren kam eine alte Bekannte

auf meine Schwester zu, und flüsterte ihr was,

Das nahm uns alle Ruh’:

“Deine Oma hat es nicht leicht gehabt im Krieg,

als einzige ihrer jüdischen Familie sie in Deutschland übrigblieb.”

Meine Schwester völlig überrascht und erstaunt,

hat mir dann ins Ohr geraunt:

“Warum hat uns das niemand erzählt, dass unsere Familie im Krieg so gequält?”

 

Wir wussten als Kinder nichts davon,

gefühlt allerdings haben wir es schon.

Oma, die damals bei uns wohnte, und sich sonst mit nichts verschonte,

hatte ihre Herkunft verschwiegen,

und so war es bis zu ihrem Lebensende geblieben.

Einmal bohrte ich richtig nach, wobei es aus ihr herausbrach:

“Gabriele, darüber darfst du nie ein Wort verlieren,

das kann jederzeit wieder passieren!”

Ihre Absicht war dabei uns zu schützen.

Allerdings konnte dies uns nur bedingt nützen.

 

Das Schweigen fühlte sich an wie ein tiefes, dunkles Loch

und das Wesentliche spürte man ohne Worte doch.

Heute wird der Mutter und den Geschwistern unserer Oma gedacht,

wir holen sie aus dem Vergessen wie aus einer grauen Nacht.

Sie trugen alle tapfer ihre Bürde,

wir denken an sie in großer Liebe und mit Würde.

Eva, Bella, Ernestine, Albert und Max sind mit uns verwandt,

und in unsrer Vorstellung jetzt ein wenig bekannt.

 

Die Erinnerungswerkstatt und die Stolpersteine können uns ihre Geschichten schenken, so dass wir sie heute tröstlich bedenken.

Jetzt schauen wir zu ihnen mit Respekt und Dankbarkeit,

und so wie von Oma gelernt auch mit Humor und Leichtigkeit.

Sie ins Gedächtnis zu holen, lässt uns nicht vor der Traurigkeit verschonen.

Doch ihnen zu gedenken, wird sich in jedem Fall lohnen.


Text und Recherche

  • Stefan Dickas

Quellen

  • Stadtarchiv München, EWK 38, Grünzeug Eva.

  • https://jri-poland.org

  • https://gedenkbuch.muenchen.de Einträge zu Eva Klein, abgerufen am 25.2.2022.

  • Auskünfte der Stolpersteine Senftenberg, Stammbaum der Familie Klein aus Urspringen.

  • Arolsen Archives, Teilbestand 1 Inhaftierungsdokumente, Dokument 12410005.

  • Arolsen Archives, Teilbestand 2 Registrierung von Ausländern und deutschen Verfolgten, Signatur DE ITS 2.1.1.1 BY 101 JÜD ZM Dokumente 70118425 und 70118432.

  • Arolsen Archives, Teilbestand 2 Registrierung von Ausländern und deutschen Verfolgten Dokument 76752350 Sterbeurkunde

 
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