Ernestine Grünzeug

 

Foto: Ernestine Grünzeug (Staatsarchiv München, Bestand Polizeidirektion München 13163)

 

Geboren am 26. Oktober 1898 in München

Deportiert am 4. April 1942 nach Piaski

Ermordet

 

Das dritte Kind von Heinrich und Eva Grünzeug, Ernestine, wurde am 26. Oktober 1898 in München geboren. 

Von ihrer Kindheit und Jugend wissen wir nur, dass sie in München die Kaufmännische Fortbildungsschule besuchte. 

Am 4. April 1919 erhielt sie, wie auch ihre Mutter und ihre Geschwister, die bayerische Staatsbürgerschaft. 

Ernestine Grünzeug um 1930 (Bild: Staatsarchiv München, Polizeidirektion München 13163)

Von Ende September 1935 bis 16. Oktober 1938 lebte sie bei ihrem Onkel Nathan Klein und dessen Frau Ida, geb. Eichenbronner, in Senftenberg, Brandenburg. Nathan Klein, ein Bruder ihrer Mutter, betrieb über Jahrzehnte in der Bahnhofstraße 23 in Senftenberg ein Kaufhaus für Damen- und Herrenkonfektion. Ernestine, die von Beruf „Modistin / Putzmacherin“ oder Wirtschafterin war, konnte hier ihren Onkel gut unterstützen. Nach einem Augenzeugenbericht wurde während des Novemberpogroms von SA-Angehörigen im Textilgeschäft ihres Onkels Feuer gelegt.

Wie die anderen Juden des Ortes wurde auch Ernestine Grünzeug unter Johlen und Geschrei aus dem Haus gezerrt und mit einer Drahtschlinge um den Hals bis zum Marktplatz getrieben. 

Nathan Klein musste 1938 sein Geschäft „verkaufen“. Er emigrierte nach Palästina und verstarb dort 1944. 

Ernestine Grünzeug verließ Ende Oktober 1938 Senftenberg und zog zunächst nach Berlin, wo sie bis Sommer 1939 lebte. Sie trat aus der jüdischen Gemeinde aus und schloss sich den Adventisten an. Dann kehrte sie nach München zurück. Dort lebte sie mit ihrer Mutter und ihrer Schwester Bella Körber in einem gemeinsamen Haushalt. Ihre Bemühungen, einen Pass für die Ausreise nach Holland zu bekommen scheiterten. 

Ihrem Bruder Max und seiner Familie sowie Albert und ihrem Schwager Georg Winter gelang die Emigration.  

Im Juli 1940 mussten Bella, Ernestine und ihre Mutter die langjährige Wohnung in der Hans-Sachs-Straße aufgeben. Für kurze Zeit lebten sie in der Rumfordstraße 47/IV. Die Mutter verstarb am 6. Dezember 1940. Vor ihrer Deportation nach Piaski mussten Bella und Ernestine in das Internierungslager Clemens-August-Straße 9 umziehen.

Vermutlich ab Sommer 1941 mussten Bella Körber und ihre Schwester Ernestine Grünzeug in der Flachsröste Lohhof Zwangsarbeit leisten. Das „Jüdische Arbeitskommando Lohhof“ war das größte Zwangsarbeitslager Münchens. 

Ernestine Grünzeug und ihre Schwester Bella Körber wurden mit dem Transport am frühen Morgen des 4. April 1942 vom Münchner Barackenlager in der Knorrstraße nach Piaski deportiert. Die letzte Spur, die wir von ihr finden konnten ist ihr Eintrag unter der Nummer 285 der Transportliste.


Gedenken

Zur Erinnerung an Ernestine Grünzeug wurde am 22. März 2011 vor dem Haus Bahnhofstraße 23 in Senftenberg ein Stolperstein verlegt. 

Vor dem Haus in der Hans-Sachs-Straße 11 in München erinnern seit dem 30. April 2022 Stolpersteine an Eva Grünzeug sowie ihre Kinder Bella Körber, Ernestine, Max und Albert Grünzeug.

Foto: Privat

Foto: Privat


Text und Recherche

  • Stefan Dickas

Quellen

  • Stadtarchiv München, Meldekarte, Grünzeug Ernestine.

  • Staatsarchiv München, Pol.Dir. 13163.

  • Biographische Notizen zu Senftenberger Opfern der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, Stolpersteine zu Ernestine Grünzeug und Nathan Klein zu finden auf (Abgerufen 26.2.2022): https://www.gerd-ruediger-hoffmann.de/rls-lausitz/stolpersteine/biographische-notizen-zu-senftenberger-opfern-der-nationalsozialistischen-gewaltherrschaft.

  • https://gedenkbuch.muenchen.de Biografisches Gedenkbuch der Münchner Juden, Eintrag zu Ernestine Grünzeug, Abgerufen am 25.2.2022.

  • https://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger_bay_420404.html Transportliste Seite 16 oben Nr 285.

 Literatur

  • Strnad Max, Flachs für das Reich – Das jüdische Zwangsarbeiterlager „Flachsröste Lohhof“ bei München, Volk Verlag, ISBN 978-3-86222-116-5.

Zusätzliche Informationen:

  • www.denkmal-lohhof.de

 
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